Anfang 2015 lud Thomas von Steinaecker neun Kollegen dazu ein, mit ihm gemeinsam in einem Online-Erzählprojekt der realen Geschichte zweier junger Frauen, die sich dem IS in Syrien angeschlossen haben, nachzuspüren. Drei Wochen lang schrieben die Autoren Erzählkapitel und diskutierten über Traditionen politischen Schreibens, moralischen Anspruch und Grenzen von Literatur. Diese Fragen, respektive diejenige danach, was das Erzählen heutzutage sein kann (und sein soll?), ziehen sich gewissermaßen als roter Faden durch die Arbeiten des Autors.
Bereits sein Debüt Wallner beginnt zu fliegen hinterfragt, wie wir unsere Lebenswirklichkeit wahrnehmen – und wie damit umzugehen ist, wenn sich die Grenzen dessen, was wir als „real“ erfahren, verschieben und auflösen. Der Text dreht die klassische Blickrichtung des Familienromans um und gibt jeder der drei beteiligten Generationen ihre eigene Sprache. Doch welche dieser Erzählungen bildet es nun ab, das „wahre Leben“? Erinnerung und Lüge, Story und Legende, Realität und Fiktion werden ununterscheidbar.
Thomas von Steinaeckers zweiter Roman Geister lotet diese Thematik noch weiter aus und lässt seine Protagonisten im Grenzgebiet zwischen Realität, Tagtraum, Gedankenspiel und Parallelwelt umherwandeln. So erzählt der Text von einer Gesellschaft, die ständig neue Bilder und Versionen der eigenen Lebenswelt produziert und verweist bereits 2008 auf unsere Inszenierungen in den sozialen Netzwerken.
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