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Tag "Shrinking Cities"

Babylon

„Was soll das denn eigentlich sein, ein Gehirn?“

Wie sich selbst im saturierten Bonner Umland langsam die Flucht und der Verfall zeigen, die aufgelassenen Sandsteinvillen, neonfarben befleckt, mit Fensterläden, die nur noch in einer Angel hängen. Mitten darin wie ein feistes Geschwür der Komplex der Telekom Bonn-Beuel, zwischen den Jahren verwaist, nur im betriebseigenen Fitnessstudio ein einsamer Fahrradsimulationsnutzer. Über dem Portal eines zentralen, sich grau aufblähenden Gebäudes der Schriftzug „Life is Grand“. Direkt an der Bahntrasse stehen die Parkdecks leer, am Transformator wachsen große kreisförmige Grasformationen zwischen schon lange dort liegenden aufgerollten Kabelmänteln. Je weiter man sich von den Stätten der Bonner Republik entfernt, desto höher wird die Frequenz der leeren Ladenlokale und der mit Brettern vernagelten Fenster. In 50 Jahren dann, wenn das Phänomen der Shrinking Cities von seinem einen wuchernden Gegenteil aus den Weiten der Brandenburger Steppen heraus antithetisch eingeholt wird und beide sich an diesem ganz speziellen Schnittpunkt treffen, wird ganz Deutschland von Berlin bedeckt sein und man sich ärgern, dass „Germania“ schon so negativ belegt ist, wenn man einen neuen Namen für diese große gesamturbane Hure finden muss. Auch „Babylon“ wird dann leider schon wieder vergeben sein.

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